Verbraucherschützer schlagen Alarm: Warum Sie nie wieder speziellen Kinderkäse kaufen sollten

Pecorino Romano hat eine beeindruckende Geschichte, die bis in die Antike zurückreicht. Bereits die alten Römer schätzten diesen Schafskäse vor über 2000 Jahren und nutzten ihn als Proviant für Legionäre auf langen Feldzügen. Im 1. Jahrhundert v. Chr. galt er aufgrund seiner langen Haltbarkeit und energiereichen Zusammensetzung als unverzichtbar. Doch heute wird dieser traditionelle Hartkäse zunehmend zur Zielscheibe moderner Marketingstrategien, die ihn gezielt an Eltern verkaufen wollen. Pecorino gilt als italienischer Klassiker, doch aus dem simplen Käse wird plötzlich ein vermeintliches Gesundheitsprodukt für Kinder konstruiert, angereichert mit Versprechen, die einer kritischen Prüfung selten standhalten.

Wenn traditioneller Käse zum Kinderprodukt umdeklariert wird

In den Supermarktregalen finden sich zunehmend Pecorino-Varianten, die sich optisch und sprachlich an Familien mit Kindern richten. Bunte Verpackungen, kindgerechte Illustrationen und Formulierungen wie „perfekt für die Brotdose“ oder „unterstützt das Wachstum“ sollen Eltern suggerieren, hier ein besonders wertvolles Lebensmittel für ihren Nachwuchs zu erwerben. Dabei handelt es sich letztlich um denselben Schafskäse, der auch als reguläres Produkt verkauft wird – nur mit einem deutlich höheren Preis und gezielten Werbeaussagen.

Diese Strategie ist keineswegs neu, doch sie greift besonders bei Käseprodukten erstaunlich gut. Eltern wollen das Beste für ihre Kinder und sind bereit, für vermeintlich gesündere Alternativen tiefer in die Tasche zu greifen. Genau diese Bereitschaft wird ausgenutzt, indem traditionelle Produkte mit einem modernen Gesundheits-Image aufgeladen werden.

Die häufigsten irreführenden Werbeversprechen im Detail

Calcium-Versprechen ohne echten Mehrwert

Besonders beliebt ist die Hervorhebung des Calciumgehalts. „Reich an Calcium für starke Knochen“ – solche Aussagen finden sich auf vielen Verpackungen. Was dabei verschwiegen wird: Praktisch jeder Hartkäse enthält relevante Mengen an Calcium, unabhängig davon, ob er speziell für Kinder beworben wird oder nicht. Der Calciumgehalt von Pecorino unterscheidet sich nicht wesentlich von anderen Hartkäsesorten, die deutlich günstiger sind. Die vermeintliche Besonderheit ist also keine.

Zudem wird selten erwähnt, dass Kinder in Deutschland bei ausgewogener Ernährung ohnehin ausreichend mit Calcium versorgt sind. Ein spezieller „Kinder-Pecorino“ löst also ein Problem, das in den meisten Fällen gar nicht existiert.

Natürlichkeit als Verkaufsargument

„100% natürlich“ oder „ohne künstliche Zusatzstoffe“ – diese Formulierungen erwecken den Eindruck, hier würde ein besonders reines Produkt angeboten. Tatsächlich ist traditionell hergestellter Pecorino ohnehin ein relativ naturbelassenes Produkt. Die Herstellung folgt seit Jahrhunderten nahezu unveränderter Methoden: Schafsmilch wird erhitzt, natürliches Lab wird hinzugefügt, der Käsebruch wird verarbeitet und anschließend gesalzen. Kunstzusatzstoffe sind nicht Teil dieses traditionellen Prozesses.

Die Betonung der Natürlichkeit ist demnach keine Besonderheit der speziell für Kinder vermarkteten Varianten, sondern eine Selbstverständlichkeit des Produkts an sich. Problematisch wird es, wenn durch diese Hervorhebung indirekt suggeriert wird, andere Käsesorten seien weniger natürlich oder gar bedenklich. Diese implizite Abwertung anderer Produkte ohne faktische Grundlage ist eine gängige Marketingtechnik, die Verbraucher in die Irre führt.

Protein als Wachstumsturbo

Der hohe Proteingehalt wird gerne als Argument für die besondere Eignung für Kinder angeführt. „Unterstützt das gesunde Wachstum“ lautet die Botschaft. Richtig ist, dass Protein für die kindliche Entwicklung wichtig ist. Falsch ist die Suggestion, dass Kinder durch den Verzehr eines speziellen Pecorino-Produkts besser versorgt wären als durch andere Proteinquellen.

Studien zeigen, dass Kinder in Industrieländern eher zu viel als zu wenig Protein aufnehmen. Ein zusätzlicher Käse mit Gesundheitsversprechen trägt nicht zur Lösung eines Ernährungsproblems bei, sondern bedient lediglich die Sorge von Eltern, ihr Kind könnte unterversorgt sein.

Die rechtliche Grauzone der Gesundheitswerbung

Die EU-Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben bei Lebensmitteln ist eigentlich eindeutig: Gesundheitsbezogene Aussagen müssen wissenschaftlich belegt und von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit zugelassen sein. Dennoch schaffen es Hersteller immer wieder, diese Regelungen zu umgehen, indem sie ihre Formulierungen geschickt wählen.

Statt konkret zu behaupten, das Produkt würde die Gesundheit verbessern, werden Assoziationen geweckt. Bilder von spielenden, fröhlichen Kindern, Formulierungen wie „für die kleine Auszeit“ oder „begleitet durch den Tag“ suggerieren einen gesundheitlichen Nutzen, ohne ihn rechtlich angreifbar zu formulieren. Diese subtile Form der Täuschung ist besonders perfide, weil sie unter dem Radar der Kontrollbehörden operiert.

Was Eltern wirklich wissen sollten

Käse ist Käse – unabhängig von der Verpackung

Die ernüchternde Wahrheit lautet: Ein Pecorino, der speziell für Kinder beworben wird, unterscheidet sich in seiner Zusammensetzung nicht von einem regulären Pecorino. Die Nährwerte sind identisch oder nahezu identisch. Der einzige Unterschied liegt im Marketing und im Preis. Wer seinem Kind Pecorino geben möchte, kann bedenkenlos zum günstigeren Standardprodukt greifen.

Altersgerechte Portionen sind wichtiger als Spezialprodukte

Viel relevanter als die Wahl eines vermeintlichen Kinderprodukts ist die Portionsgröße. Pecorino ist aufgrund seines intensiven Geschmacks und seines hohen Salzgehalts für kleine Kinder nur in Maßen geeignet. Die charakteristische Salzung, die den Käse bereits in der Antike als Proviant haltbar machte, macht ihn für Kleinkinder weniger ideal. Ein normaler Schnittkäse oder ein milder Frischkäse ist für Kleinkinder oft die bessere Wahl. Die Fokussierung auf Spezialprodukte lenkt von der wichtigeren Frage ab: Ist dieses Lebensmittel in dieser Menge überhaupt für mein Kind geeignet?

Kritischer Blick auf Zutatenliste und Nährwerttabelle

Statt sich von bunten Verpackungen und wohlklingenden Versprechen leiten zu lassen, sollten Eltern einen Blick auf die Zutatenliste und Nährwerttabelle werfen. Hier zeigt sich die Wahrheit: Wie hoch ist der Salzgehalt wirklich? Gibt es tatsächlich Unterschiede zum Standardprodukt? In den meisten Fällen wird diese Prüfung offenbaren, dass die Werbeversprechen jeder Grundlage entbehren.

Der finanzielle Aspekt: Mehrkosten ohne Mehrwert

Speziell für Kinder vermarktete Lebensmittel kosten häufig deutlich mehr als vergleichbare Standardprodukte. Bei Pecorino kann dieser Preisunterschied noch deutlicher ausfallen, da hier ein ohnehin höherpreisiges Produkt zusätzlich mit einem Premium-Image versehen wird. Über ein Jahr gerechnet summieren sich diese Mehrausgaben für Familien erheblich – und das für einen Nutzen, der faktisch nicht existiert.

Diese unnötigen Mehrkosten belasten besonders Familien mit knappem Budget, die aus Sorge um die Gesundheit ihrer Kinder zu vermeintlich besseren Produkten greifen. Hier wird eine finanzielle Ungleichheit geschaffen, die auf Täuschung basiert: Wer es sich leisten kann, kauft das teurere Produkt in dem Glauben, etwas Besseres zu tun – dabei ist der Nutzen nicht vorhanden.

Was sich ändern muss

Verbraucherschutzorganisationen fordern seit Jahren eine strengere Regulierung kindbezogener Werbung bei Lebensmitteln. Solange Hersteller mit subtilen Gesundheitsversprechen operieren können, ohne konkrete Belege liefern zu müssen, wird sich an der Situation wenig ändern. Eltern bleiben in der Verantwortung, kritisch zu hinterfragen und sich nicht von Marketingstrategien manipulieren zu lassen.

Eine informierte Kaufentscheidung basiert auf Fakten, nicht auf Emotionen oder Werbeversprechen. Pecorino kann Teil einer ausgewogenen Kinderernährung sein – aber nicht, weil er speziell dafür vermarktet wird, sondern weil er als traditionelles Lebensmittel in angemessenen Mengen durchaus wertvoll ist. Die Verpackung macht dabei keinen Unterschied.

Kaufst du teurere Kinderprodukte trotz identischer Inhaltsstoffe?
Ja aus Unsicherheit
Nein ich vergleiche immer
Manchmal bei Zeitdruck
Früher ja heute nicht mehr

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